schon wieder Abseits! 

 Museum Fridericianum Kassel 
12. Juli bis 13. September 1998




Joan Brossa 
Objekte, Installationen 

Carles Santos 
Filme, Fotografien 

Something is rotten  
in the State of Denmark 

Simone Aaberg Kaern 
Olafur Eliasson 
Jens Haaning 
Jytte Hoy 
Frans Jacobi 
Joachim Koester 
Jakob Kolding 
Peter Land 
Ann Lislegaard 
Kirsten Ortwed 
Christian Schmidt-Rasmussen 
Klaus Thejll Jacobsen 
Superflex 
rasmus knud 

Eröffnung: 11. Juli 1998, 17 Uhr 
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr 
Donnerstag von 10 bis 20 Uhr 
(18 bis 20 Uhr freier Eintritt) 
Montag und Dienstag geschlossen 
Eintritt: 8 DM/ermäßigt 5 DM 

Führungen: an allen Sonn- und Feiertagen 
um 12 Uhr oder nach Anmeldung 
Treffpunkt im Foyer 
 
Zu allen Ausstellungen erscheinen Kataloge: 

Joan Brossa, 60 Seiten, 50 Farbabbildungen, mit einem Text von Andreas Vowinckel; DM 22,- 

Carles Santos, 24 Seiten, 26 Farbabbildungen, mit einem Text von Josep Ruvira; DM 13,- 

Something is rotten in the State of Denmark, 80 Seiten, 70 Farbabbildungen, mit Texten von Knud W. Jensen, Lars Bang Larsen und Ulla Angkjaer Jorgensen; DM 28,- 
 
 

schon wieder ABSEITS! 

Neben dem Hauptmotiv ”Peripherie”, das in der Eröffnungsausstellung ”Echolot” durch die Künstlerinnen Ghada Amer, Ayse Erkmen, Fariba Hajamadi, Mona Hatoum, Gülsün Karamustafa, Soo-Ja Kim, Tracey Moffatt, Shirin Neshat und Qin Yufen formuliert wurde, bestimmen vier weitere Leitmotive das Programm des Museum Fridericianum für die nächsten vier Jahre. Der jetzt folgende Ausstellungsblock mit dem Titel ”schon wieder ABSEITS” hat in seiner Verknüpfung sehr unterschiedlicher künstlerischer Ausgangspositionen Modellcharakter für die Programmkonzeption. 

Erfinder, Erzähler, Entdecker: Joan Brossa 

Joan Brossa, 1919 in Barcelona geboren, ist einer der wichtigsten katalanischen Künstler dieses Jahrhunderts. Er nennt sich selbst einen Dichter und Ausgangspunkt seines künstlerischen Schaffens ist stets das Wort. Brossas Konzeption von Dichtung umfasst geschriebene und visuelle Poesie, Theaterstücke, Film-Scripts, Objekt-Gedichte, sowie schauspielerische Aktionen und Rauminstallationen. 

Bis heute hat Brossa 80 Gedichtbände und 323 Theaterstücke geschrieben und den Bereich des konventionellen Theaters durch Einführung von Elementen des Balletts und des Konzerts, aber auch der Pantomime, des Zirkus, der Zauberei, der Scharade oder auch der Clownerie erweitert. 

Die Ausweitung des dichterischen Bereichs hin zur Alltagskultur und die Befreiung der Worte aus ihren konventionellen Zwängen, führte Brossa zur Visuellen Poesie, in der das Wort zu einem selbständigen Objekt (zum Bild) wird und zu den Objekt-Gedichten, die ohne Verwendung des Wortes auskommen. 

So besteht zum Beispiel das Objekt-Gedicht Burocracia (1967) aus zwei durch eine Briefklammer zusammengehefteten Platanenblättern und verweist nicht nur auf unseren Umgang mit Natur, sondern auch auf die Verwendung des Wortes Blatt (das Blatt eines Baumes - das Blatt Papier). Andere Arbeiten kreieren neue Figuren, indem eines der Elemente durch das andere ironisch komplettiert wird. Oder die Elemente werden ihres ursprünglich funktionalen Charakters beraubt und so zu unmöglichen Objekten, wie etwa der runde Würfel der Arbeit Dau rondo (1969). 

Im Museum Fridericianum werden Grafiken und Objekte aus der Zeit von 1949 bis 1998, sowie eine eigens für diese Ausstellung geschaffene neue Rauminstallation gezeigt. 

Ex-documenta-Macher zu Gast im Fridericianum: 
Knud W. Jensen 

In seinen autobiografischen Erinnerungen über die Entstehungszeit seines Museums Louisiana bei Kopenhagen verweist Knud W. Jensen stets auf seine Freundschaft zu Arnold Bode und den Einfluß, den diese Begegnung auf das Programm von Louisiana hatte. Die erste Reise nach Kassel zur documenta veränderte entscheidend Jensens Museumskonzeption und aus dem Bode-”Lehrling” wurde sehr schnell in den folgenden Jahren ein Bode-Berater. Zu Ehren von Knud W. Jensen, dessen Louisiana-Kunst-Paradies in diesem Jahr auf ein 40-jähriges Bestehen (1958-1998) zurückblicken wird, beginnen wir diese Serie mit einer Vorstellung von dänischen Künstlern, die alle jünger sind als Jensens Museum. Gemeinsam mit dem dänischen Kurator Lars Bang Larsen wurden 12 Künstler für Kassel ausgewählt, die - entgegen allen Klischees von nordischer Kunst - weder melancholisch noch grübelnd, sondern frech und frei auftreten. Ihre Medien sind Malerei, Skulptur, Zeichnung, Klang, Fotografie und Video, Video, Video... da muß doch etwas geschehen sein im Staate Dänemark! 

 
Simone Aaberg Kærn 
Sisters in The Sky-Raisa  
Sunacheuskaya, Fighter Pilot, Russia  
WW II, 1997 

 
Jens Haaning 
Weapon production, 1995

 
Olafur Eliasson 
Ohne Titel, 1995

 
Frans Jacobi 
Room 4 (Hotel), 1993

 
Peter Land 
Peter Land d. 5 maj 1994, 1994 
 
Jytte Høy 
Ohne Titel, 1997

 
Christian Schmidtt-Rasmussen 
The UFO played a really mean trick on the cow and the rabbit. Everybody that... , 1997 
 
Jakob Kolding 
Ohne Titel, 1998

 
Ann Lislegaard 
nothing but space, 1997 
 
Joachim Koester 
Day for Night,Christiania (Blue Toffee), 1996

 
Kirten Ortwed 
B3, 1997

 
Klaus Thejll Jacobsen 
Technics Turntable SL-1210 MK2 and Monacor Mixer, 1998



Musik im Museum Fridericianum: 
Carles Santos 

Carles Santos wurde 1940 in Katalonien geboren. Nach Klavier- und Kompositionsstudien in Barcelona hat er sich bald der experimentellen Musik zugewandt. Dabei versucht er mit musikalischen Mitteln eine ganz elementare Energie freizulegen, um zugleich mit dieser Energie die traditionellen Ausdrucksformen zu sprengen. Die Arbeit mit der menschlichen Stimme, die über die Grenzen der klassischen Möglichkeiten hinausgetrieben wird, steht dabei im Mittelpunkt des Interesses. Seine Klavierwerke geraten Carles Santos häufig zu Aktionen, in denen der Agierende sich über die Klänge des Instrumentes hinaus mit seinem Körper ins Spiel bringt. Der Weg zur Performance oder zum Musiktheater ist so vorgegeben. 

Mit seiner Bühnenpräsenz, die anti-illusionistisch zwischen den verschiedensten Rollen vermittelt, ist Santos zugleich ernsthafter musikalischer Interpret und ein musikalischer Clown, der tiefste Dimensionen des Tragischen und des Witzigen erschließt und sich vom Entertainer etwa plötzlich auch in einen Fischer verwandelt, der sein Lied in die Einsamkeit des rauschenden Meeres hinaussingt - das Experimentelle trägt bei Santos stets noch das folkloristische Idiom eines heimatlichen Horizontes in sich. 

”Spanisch” ist aber vor allem auch die ganze Vorstellungswelt, die Santos´ Klavierspiel und seine ungeheuerliche Stimme hervorrufen: alles erscheint als ewige Evokation des Weiblichen. Musik als Beschwörung des Eros in einem endlichen Spiel um Liebe und Tod. 

Seine Filme markieren die Schnittstelle in seiner künstlerischen Entwicklung: den Bruch mit seiner Karriere als Klaviervirtuose durch die Begegnung mit Joan Brossa in den späten 60er Jahren, die Wandlung zum Performer und Komponisten. Neben der Präsentation dieser Filme zeigt Carles Santos zum ersten Mal seine fotografischen Arbeiten. Zwei Konzerte am 11. und 12. Juli mit Kompositionen von Joan Brossa und dem 60 Minuten langen Klavierstück ”Codio Estigma” runden den ersten Auftritt von Carles Santos in Kassel ab. 

 
Minimalet sur mer, 1984 
 
La Polpa de Santa Percinia de  
Claviconia (Sinfonietta), o.J. 

 

Rundgang: 
Superflex und rasmus knud 

Kunststudenten von europäischen Akademien werden in dieser Reihe vorgestellt. Den Auftakt bilden zwei Studentengruppen der königlich dänischen Akademie in Kopenhagen, das Trio Superflex und das Duo rasmus knud. Nach dem Erfolg der Künstlergruppe Tapko, die sich zu Beginn der 90er Jahre aus Studenten der Björn Nörgaard Klasse zusammenfand, scheint das Modell der kleinen Gruppierung zu einem Garanten für Erfolg in Dänemark geworden zu sein. Diese Strategie kommt zugleich der dänischen Mentalität sehr entgegen, die auf Gemeinschaft und nicht auf individuelle Größe setzt. In einem Land, das keine Berge und Ströme kennt, ist jeder suspekt, der über die anderen hinausragen will. Beide Gruppen haben sich in den letzten Jahren an vielen nationalen und internationalen Projekten beteiligt und Superflex wird erstmals in Deutschland sein für afrikanische Länder entwickeltes Projekt der Gewinnung von Biogas vorstellen. 

 
Superflex, Biogas in Africa, 1997 

 
rasmus knud 
Sweet and Tender Hooligan-CA, 1996