Musik im Fridericianum 6
Giuseppe Chiari: Quit Classical Music
4. November bis 30. Dezember 2001

Giuseppe Chiari, 1926 in Florenz geboren, weist sich insbesondere durch seine Performances als ein Künstler aus, der sich durch performative Ansätze mit der minimalen Musik beschäftigt: In experimenteller Analysen zum verbalen Ausdruck von Literatur und Poesie, wie auch mit der gestischen und musikalischen Performance verweist er dabei auf die komplexen Strukturen der Realität und ihren interdisziplinären Charakter, um zugleich die herkömmlichen Techniken innerhalb der Musik, der Poesie und der Malerei zu unterwandern.
Gemäß der Vorstellung John Cages, nach dem alles zu musikalischem Material werden könne, erforscht Giuseppe Chiari in seinen Musik-Performances die Möglichkeiten des direkten Einsatzes von Wasser, Haar, Klavier, Steinen, dem Cello und Papier.
In seiner Musik verdeutlicht Giuseppe Chiari die Forderung nach der „Erzeugung unspezialisierter Formen von Kreativität“, wie Georges Maciunas formuliert hatte. So zeigen die Gesti sul Piano eine Serie von Bewegungen der Hände auf der Klaviertastatur, die zur Einbeziehung weiterer Körperteile wie auch zu einer
hohen mimischen Expressivität führen. Ansatz hierfür ist der Versuch, die herkömmlichen, einstudierten Klaviertechniken zu dekonstruieren, um das Instrument statt dessen auf eine authentischere Weise zum Klingen zu bringen. In den Gesti sul piano durchläuft Chiari daher verschiedenste Kombinationen der
bewussten spielerischen Artikulation, in denen er die Tastatur mit Fingern, Armen und Ellenbogen bearbeitet, wobei verschiedene Spieltechniken sich gegenseitig blockieren, paralysieren.
Die Ausstellung Quit Classical Music in der Kunsthalle Fridericianum zeigt neben Arbeiten auf Papier und Fotografien eine Anzahl von Videoarbeiten: Kunst ist einfach (1973), Concerto per donna (1977) und Tre studi su una seggiola (1977).
Giuseppe Chiaris Arbeiten und Performances waren neben zahlreichen Ausstellungen vornehmlich in Italien 1972 auch auf der Biennale von Venedig zu sehen und zu erleben. In Kassel wurde er im Zusammenhang mit der documenta 5 (ebenfalls 1972) präsentiert. Es ist daher ein schönes Moment, dass die Ausstellung Quit Classical Music in der Kunsthalle Fridericianum am gleichen Tag eröffnet wird, wie die Ausstellung Wiedervorlage d5,
dem Jubiläumsprojekt des documenta Archivs in den Räumen des Kasseler Kunstvereins.