Robert Watts - The invisible man of Fluxus and Pop
24.4. - 18.7.1999

Katalogtext Tobias Berger



Pressemitteilung

Der amerikanische Künstler Robert Watts (1923 - 1988) ist kein Künstler, der sich auf einen speziellen Stil oder eine Kunstrichtung festlegen läßt. Seine Werke werden im Fluxus- oder Pop-Art-Kontext genauso rezipiert wie im Zusammenhang mit der Konzeptkunst.  Dabei war er immer in vorderster Front der Bewegungen, wurde aber wegen seines konzeptuellen und stilübergreifenden Ansatzes weniger wahrge-nommen als andere Künstler dieser Zeit. Kritiker nannten ihn „the invisible man of Fluxus and Pop". Nach dem Collegestudium in Maschinenbautechnik, außer-europäischer Kunstgeschichte und Kunst begann Robert Watts zusammen mit Allan Kaprow und Roy Lichtenstein seine Lehrtätigkeit an der Ruthgers University in
New York.
1956 stellte Robert Watts Collagen aus Klebeband und Aluminiumfolie her, einerseits eine Reminiszenz auf den damals vorherrschenden Abstrakten Expressionismus, andererseits ein Vorläufer der Trash-Art von Jim Dine, Claes Oldenburg und Robert Morris. Diese Collagen führen Watts zu seinen selbstgebauten Spielmaschinen und den Chromed Objects. Ab 1962 ließ er Alltagsgegenstände verchromen oder versilbern, um sie für die Ewigkeit zu erhalten und um ihnen eine neue Präsenz zu verleihen. Die Kollektion der Chromed Objects reichte anfangs vom Hamburger bis zum Picknickkorb, vom Kaugummi zur Zahnbürste. 1976 griff er diese Idee noch einmal auf und ließ Chromed Objects von wichtigen afrikanischen Statuen herstellen. Parallel zu den ersten verchromten Objekten entstanden seine vergrößerten Künstlersignaturen in Neon. Die Farbe des Gases in der Neonröhre, die den Schriftzug bildete, wählte er in Beziehung zum Oeuvre des Künstlers. Die Unterschrift von Matisse beispielsweise leuchtet pink, Ingres rot und Marcel Duchamps Signatur ist weiß. Diese Arbeiten, wie auch das berühmte Stuhlobjekt von 1962, das sich heute im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt befindet, zählen zu den ersten Neonarbeiten in der bildenden Kunst überhaupt. Sie fanden, genauso wie die verchromten Objekte, große Beachtung bei Kritikern und Künstlern, aber auch Nachfolger in späteren Künstlergenerationen, erwähnt seien nur die Chromobjekte von Jeff Koons oder Sylvie Fleury.
Auch als Künstler verstand sich Watts zeit seines Lebens als Lehrer und Anreger, ganz im Sinne der Fluxusideologie eines George Maciunas, der die Nützlichkeit von Kunst propagierte.

Zusammen mit dem „Fluxus-Generalsekretär" George Maciunas plante und realisierte Watts ab 1962 viele der zum großen Teil anonymen Fluxus-Multiples und Gesellschaftsentwürfe, die sich zwischen Kunst und Real-Konsumwelt ansiedelten.

So entstand die Idee für Implosions Inc., eine Firma die von Künstlern entworfene Produkte für ein Massenpublikum vermarkten sollte oder ein - nie realisiertes - Kunst- und Amüsementcenter in SoHo. Erfolgreicher war der Versuch, zusammen mit George Maciunas das New Yorker Gewerbeviertel SoHo für Künstler nutzbar zu machen. Dort gründeten beide schon in den 60er Jahren die ersten Künstler-kooperativen und legten damit den Grundstein für das heutige Künstler- und Galerieviertel in Manhatten.
Obwohl die Arbeiten von Watts in den frühen 60er Jahren in Pop-Art Ausstellungen präsent waren, hatte er ein ambivalentes Verhältnis zu dieser Kunstform. Einerseits wollte er sein Werk in diesem Zusammenhang rezipiert wissen, was die zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen beweisen, andererseits waren ihm kommerzielle Ausrichtungsformen und Strategien suspekt. In seiner subversiv-kreativen Art versuchte er den Begriff Pop-Art 1968 patentieren zu lassen, um ihn endgültig vom (Kunst-) Markt zu entfernen. Diese Aktion, dokumentiert in Fotokopien des Schriftverkehrs mit der US-Patentbehörde, verdeutlicht vielleicht mehr als jede andere, das zentrale Anliegen in Watts’ Schaffen: die Neubewertung von alltäglich Wahrgenommenem, die kritische und subversive Auseinandersetzung mit Autoritäten und die praktische Umsetzung von zum Teil politisch ambitionierten Aktionen.