Watts in History This belated recognition of the invisible man of Pop and Fluxus is long overdue. With his laminated-photograph TV-Dinner, his lamp chop table, chrome foods and fetish figures and his 1964 attempt to copyright the term Pop Art in order to take it off the market, hes everybodys ancestor from Alan Belcher to Jeff Koons. (Village Voice, New York, 9.1.1991) Robert Watts war nicht nur der unsichtbare Mann hinter Pop und Fluxus. Er war ein Ideengeber, der als Lehrer an der Rutgers Universität, als Organisator des YAM-Festivals (1961 bis 1963) mit George Brecht und als Freund von George Maciunas vieles bewegt und viele beeinflußt hat. Gerade seine eigene Produktion, die oft auf der engen Zusammenarbeit mit anderen Künstlern beruhte, ist außergewöhnlich innovativ und auch heute, 40 Jahre nach seinen ersten Werken, aktuell und anregend. Robert Watts war der erste Künstler, der Gegenstände industriell verchromen ließ oder die Möglichkeiten des Materials Neon für die Kunst entdeckte. Er war ein Künstler, der sich außerhalb festgelegter Kunstforderungen bewegte und wurde sowohl im Kontext der Pop Art als auch bei Fluxus und in der Konzeptkunst von vielen Kollegen geschätzt und bewundert. Kein Künstler seit Duchamp hat so konsequent wie Robert Watts Alltagsprodukte unbearbeitet in den Kunstkontext überführt. Bei Duchamp haben die Produkte eine bestimmte, oft sexuelle Konnotation, bei Watts hingegen sind sie nicht determiniert. So verwendete er im Fall der Stampmachine von 1962 einen gewöhnlichen, industriell hergestellten Briefmarkenautomaten, den er mit seinen selbst entworfenen Briefmarken bestückte. Er versuchte hier nicht nur kritisch das U.S. Postal System zu hinterfragen, sondern erweiterte das Ready-Made noch einmal, indem er den ursprünglichen Zweck des Automaten für seine eigenen Intentionen beibehielt. Stampmachine wie auch die späteren Dollarbills (von einem in Kaltnadeltechnik gefertigten Original massenhaft hergestellte Offsetdrucke) nehmen subversiv Bezug auf das Gesellschaftssystem und waren für eine größere, auch außerhalb des Kunstkontextes relevante Distribution gedacht. Diese Arbeiten sollten also das System Kunst verlassen und im täglichen Leben intervenieren. Watts ging es wie vielen seiner Fluxus-Kollegen darum, die Kunst in das Leben zu integrieren, während andere, speziell die Pop Art-Künstler, dahin tendierten, den Alltag in die Kunst zu überführen und in Gegenständen und Situationen abzubilden, die bis dahin nicht reproduktionsrelevant waren. Beispielhaft sind hier Robert Rauschenbergs Combines, in denen ab 1958 Materialien wie etwa Autoreifen oder Gebrauchstextilien vorkommen. Rauschenberg betrachtete diese Werke aber immer als Bilder, als Kunst. Kunst blieb im immanenten Kontext, auch wenn sie um neue Materialien, Interaktionen mit dem Theater und Performance, Happening und Environment erweitert wurde. Die Kommunikation mit anderen Wissenschaften blieb die Ausnahme. In einem Gespräch mit Larry Miller bezeichnete Robert Watts die Wesensverwandtschaft seiner Werke mit denen von Jasper Johns und Claes Oldenburg als zufälliges zeitliches Zusammentreffen. Jasper Johns´ Arbeiten Light Bulb I und II, Flashlight I und II (alle 1958) und Light Bulb (1960) ähneln formal den Chromed Objects von Robert Watts. Johns versah für Flashlight I eine Taschenlampe mit einem modellierten Metallüberzug und befestigte sie auf einem ebenfalls mit modelliertem Metallüberzug versehenen Holzpodest. Dadurch erscheint das Objekt als offensichtlich von Künstlerhand bearbeitet. Flashlight II und III und Light Bulb I und II sind Abgüsse der realen Gegenstände (Taschenlampe und Glühbirne) in Metall oder Gips. Hier dominiert die gestische Arbeitsweise des Abstrakten Expressionismus, die man bei allen frühen Werken von Johns feststellen kann. Johns und die nachfolgenden Künstler der Pop Art, selbst Andy Warhol, gingen nie soweit, sich vollkommen vom Anschein handwerklicher Produktion zu trennen und die Ergebnisse ihres Schaffens wie industrielle Produkte aussehen zu lassen. Die vollkommene Aufgabe des individuellen Gestus war nach Marcel Duchamp erst wieder den Künstlern der Minimal Art und der Konzeptkunst vorbehalten. Als Vorlage für die Chromed Objects dienten Robert Watts banale Gegenstände, die ohne eine politisch / moralisch / ökonomische Botschaft auskommen Dinge wie Fische, Zahnbürsten, Bleistifte, Nüsse, Salatköpfe oder Picknickkörbe. Das unterscheidet ihn von vielen Pop Art Künstlern die Klischees der amerikanischen Kultur bevorzugten, wie Coca-Cola-Flaschen, Bilder von Marilyn Monroe oder Dollar-Banknoten. Robert Watts Chromed Objects sind weder konsumkritisch noch zelebrieren sie den amerikanischen way of life, sie dokumentieren vielmehr die Schönheit des Gewöhnlichen. Wenn Watts typisch Amerikanisches verwendete, dann in seinen systemkritischen Werken wie den Dollar Bills. Robert Watts griff seine Idee der Chromed Objects 1976 noch einmal auf und verchromte afrikanische Skulpturen. Diese Ausstellung war in New York ein großer Erfolg und für viele, grade junge Künstler, richtungsweisend. Bezogen auf Chromobjekte fällt bei den Edelstahlskulpturen von Jeff Koons und den Chromskulpturen von Sylvie Fleury eine große Ähnlichkeit auf. Koons ließ in den 80er Jahren vornehmlich kunstgewerbliche Produkte aus rostfreiem Edelstahl nachgießen. Diese Edelstahlobjekte sind, ironischerweise, systemkritischer als die von Watts. Sie sind Kommentare zum amerikanischen Mittelstandsgeschmack, haben also nichts mehr mit Alltagsgegenständen zu tun, sondern versilbern geschmäcklerischen, dekorativen Kitsch. Sie sind ein Kommentar zu einer amerikanischen Gesellschaft, in der die Grundbedürfnisse weitgehend gedeckt sind, und die sich mit Dingen umgibt, die sie als schön empfindet. Im Endeffekt ist dies auch eine Kritik am Kunstsammler, der die gleichen Ambitionen hat, nur mit vermeintlich besserer Bildung und Geschmack. Wenn die Künstlerin Sylvie Fleury sich wiederum auf Jeff Koons bezieht und bevorzugt weibliche Luxusgegenstände wie Gucci-Pumps oder Hermes-Handtaschen verchromt, dann ist das nicht nur ein feministisches Spiel mit den Methoden von Jeff Koons, sondern auch ein Zeichen für den endgültigen Einzug begehrenswerter Luxusgüter in die Kunst: Eine Verbeugung vor den Göttern Hermes, Prada und Gucci als den modernen Kreativen, die mit ihren fein abgestimmten Werbekonzepten jede(n) verführen und beeindrucken. Kreative, deren millionenschwere Marketingstrategien, seien es die Anzeigenkampagnen oder das Ladendesign, fast jeden künstlerischen Output in den Schatten stellen. Fleury sagte einmal, zu jedem guten Einkauf gehöre mindestens ein Paar neue Schuhe. Und auch hier glaubt man wieder einen kritischen Unterton Andy Warhols heraus hören zu können aber man hat sich schon bei Andy Warhol mit der Konsumkritik getäuscht, und so nimmt man Fleury lieber ernst. Die Geschichte der verschiedenen Chrom.- und Edelstahlobjekte kann sowohl als Geschichte der Kunst wie auch als die der Gesellschaft gesehen werden: Von der Erweiterung des Kunstbegriffs in den 60er Jahren hin zum ganz normalen Gebrauch alltäglicher Dinge in der Kunst, die formale und ästhetische Beachtung selbst der häßlichsten Gegenstände, bis zur Inanspruchsnahme von Luxusgüter und der Enttabuisierung dieser Güter durch die Tatsache, daß heute nicht mehr die Werbung von der Kunst lernt, sondern umgekehrt. Licht war das Thema, das Watts Anfang der 60er Jahre am meisten beschäftigte. So konstruierte er mit Birthday Reminder einen kleinen Apparat, in dem, sofern man ihn entsprechend plaziert, der Sonnenstrahl an einem bestimmten Tag (es soll der Geburtstag sein) auf einen bestimmten Punkt fällt und diesen aktiviert. Seine Arbeiten mit dem wörtlich zu nehmenden Titel Hot-Sculptures sind Skulpturen, bei denen durch das Erglühen eines elektrischen Heizdrahtes eine umrißhafte Zeichnung entsteht. Das Zeichnen mit anderen Materialien als dem Stift liegt als Idee auch den Neonobjekten zugrunde. Glasröhren wurden nach den Anweisungen des Künstlers um Gegenstände herum geformt (Chair, 1962) oder in die gewünschte Schriftform gebracht (Neon-Signaturen, ab 1965). Ab 1965 ließ Robert Watts Signaturen in Neon nachformen. Von diesen Signaturen gibt es drei Serien. Eine datiert von 1965, eine zweite von 1975. Die dritte Serie existiert nur in Konstruktionszeichnungen mit zwei ausgeführten Werken und datiert von 1982. Watts zeichnete die Unterschriften verschiedener Künstler in der späteren Originalgröße vor. Neben den Zeichnungen notierte er den Farbton, der seiner Meinung nach das Werk des jeweiligen Künstlers am adäquatesten charakterisierte, legte Farbe und Form des Plexiglaskastens fest und überließ den Neonherstellern die Realisierung. Watts war Pionier, Forscher und Erfinder, in dessen Werk sich Aspekte finden, die als Vorreiterpositionen für alle in den 60er Jahren wichtig werdenden Bewegungen gelten können. An Fluxus hat ihm gefallen daß: |