MEMED ERDENER / EXTRASTRUGGLE

English version

 

   Migration Ways, 2000,
Mr. President, Esteemed Generals
 
Memed Erdener kombinierte den grotesken Charakter der brillanten Comics, die er in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre für die avantgardistischste türkische Satirezeitschrift „Deli“ schuf, mit dem minimalistischen Stil, den seine derzeitige Beschäftigung als Grafiker erfordert, und startete ein persönliches Projekt mit dem Titel „Extrastruggle“, um eine Reihe von Arbeiten zu entwickeln, die auf dem autonomeren Feld der Kunst operieren. Diese Arbeiten bestehen hauptsächlich aus Überlagerungen, Assemblagen und Gegenüberstellungen von zwei oder mehr grafischen Elementen, die als konstituierende visuelle Codes nationaler Identität in der Erinnerung der türkischen Gesellschaft eingebettet sind: Sie zeigen Landkarten und Pfeile, die er entwarf, um den Mythos der Nation zu festigen, anachronistische Sätze und Zeichnungen aus Grundschulbüchern, die noch immer den Pflichteifer der frühen Jahre der Republik ausstrahlen, die Spannung zwischen dem arabischen und dem lateinischen Alphabet, Fotografien dramatischer und historischer Augenblicke der Nation, die Ikonographien der kemalistischen, islamischen und faschistischen Ideologien sowie alltägliche Ikonen (Logos von staatlichen Betrieben und politischen Parteien, Warnschilder etc.). In der Zusammenschau arbeiten diese verschiedenen und einander manchmal widersprechenden Figuren gegeneinander und schaffen ein drittes semantisches Feld, das die ironische Kritik in den Arbeiten von „Extrastruggle“ ausmacht – ähnlich wie die situationistische Technik des Détournement. Die Ironie dieser Arbeiten zielt darauf ab, die Diskurse verschiedener politischer Orthodoxien zu ersetzen – vor allem die zahlreichen Formen des Nationalismus, die in den 90er-Jahren stark verbreitet waren. In letzter Zeit reduzierte Extrastruggle die Übernahme vorhandener Bilder, führte eine Reihe von Kompositionen mit einer frommen Muslime namens Türban Soray als Protagonistin ein und kehrte dadurch bis zu einem gewissen Grad wieder zur visuellen Sprache des Comics zurück.

Erden Kosova

Deutsch: Birgit Herbst

 

 

MEMED ERDENER / EXTRASTRUGGLE

 

Combining the grotesque character of the brilliant comics works he produced in the most avantguard Turkish humour magazine “Deli”, during the first half of the nineties, and the minimalist style his current profession as a graphic designer calls for, Memed Erdener launched a personal project with the name Extrastruggle to frame a series of works that would operate on the more autonomous ground of art. These pieces mainly consist of superimpositions, assemblages and counterpositions of two or more graphic elements which are embedded in the memory of Turkish society as the constitutive visual codes of the national identity: maps and arrows designed to support the myth of the nation; sentences and drawings from the primary-school books which still emanate the devotion of the early years of the Republic anachronistically; the tension between the Arabic and Latin alphabets; photographs of the dramatic and historical moments of the nation; the iconographies of the Kemalist, Islamic and fascist ideologies; and everyday icons (logos of public companies and political parties, warning signs etc.). When brought together, these disparate and sometimes contradicting figures start to play against each other and produce a third semantic field that constitutes the ironic criticality in Extrastruggle's works - not unlike the Situationist technique of detournément. The irony in them aims to displace discourses of various political orthodoxies -mainly of numerous modes of nationalisms that were highly popularised throughout the nineties. Recently, Extrastruggle has reduced the use of ready-made images; introducing a series of compositions featuring the main protagonist Türban Şoray, a female Muslim devout, thereby returning, to a certain extent, to the visual language of comics.

Erden Kosova