SANJA IVEKOVIĆ

English version

 

   Resnik, 1996
 
Seit den frühen 70er Jahren hat Sanja Iveković die politischen Inhalte des Privatlebens aus der Perspektive feministischen Kritik untersucht. Die Künstlerin hat sowohl durch ihre Performances, Videos, Installationen und Aktionen im öffentlichen Raum als auch durch ihre medialen und aktivistischen Projekte eine große Anzahl an persönlichen Themen mit in den öffentlichen bzw. medialen Raum eingebracht, wodurch sie deren politisches Potenzial und deren gesellschaftlichen Einfluss verdeutlichen konnte. Seit den 70er Jahren hat sie sich mit Video- und Performance-Kunst beschäftigt und dabei richtungweisende Arbeit geleistet im Hinblick auf das Medium Video sowie dessen Nutzen für die Gesellschaft und dessen interaktive Möglichkeiten.

Das Prinzip der Solidarität, das in den 90er Jahren angesichts der verheerenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in Kroatien in Gefahr geraten war, steht im Mittelpunkt vieler Projekte Ivekovićs aus den 90er Jahren. So ist z.B. Die Akte Nada Dimić eine Werkreihe, die den gesellschaftlichen Gedächtnisschwund innerhalb größerer gesellschaftlicher Prozesse kritisiert, die in erster Linie durch das Funktionieren der Wirtschaft und die unlösbaren Gegensätze innerhalb des neuen Systems determiniert sind. Die Werke verweisen zum einen auf die Nationalheldin Nada Dimić, eine Frau, die im 2. Weltkrieg wegen ihrer antifaschistischen Aktivitäten ermordet wurde, zum anderen auf die nach ihr benannte Fabrik und die Probleme der Frauen, die beim Bankrott der Firma in den späten 90er Jahren arbeitslos wurden. Auf ähnliche Weise beschäftigt sich das Work-in-progress-Projekt Frauenhaus, das Sanja Iveković zusammen mit Frauen entwickelte, die seit 1997 in zahlreichen Städten Europas und Asien in Unterkünften für misshandelte Frauen Zuflucht gesucht haben. Gewalt gegenüber Frauen als nahezu anonyme traumatische Erfahrung wird in diesem Projekt auf die Ebene einer universellen gesellschaftlichen Relevanz gehoben, indem sie die menschliche Fähigkeit, Schmerzen erleiden zu können, ins Zentrum der Solidarität rückt.

Die Arbeit Resnik (1994) beschäftigt sich mit den Problemen von Flüchtlingen. Resnik ist der Name einer Stadt in der Nähe von Zagreb, die als Flüchtlingslager während des Krieges im früheren Jugoslawien diente, in dem 2.000 überwiegend moslemische Flüchtlinge untergebracht waren. Die Installation, die aus mehreren Pflanzen besteht, die sich in einem dunklen Raum befinden, in dem die Video-Projektion die einzige Lichtquelle bietet, beschäftigt sich mit alltäglichen Lebensumständen, denen Flüchtlinge/Pflanzen ausgesetzt sind.

Ana Dević & Nataša Ilić


Deutsch: Uli Nickel

 

 

SANJA IVEKOVIĆ

 

Since the early 1970ies, Sanja Iveković has been exploring political contents of private life from the perspective of feminist critique. Whether she is engaged in performances, videos, installations, actions in public spaces, or media or activist projects, the artist transposes a wide range of personal themes into the public or media space, emphasizing their political potential and social impact. Since the 1970ies she has been exploring video and performance art, pioneering in the medium of video, its social use and its interactive possibilities.

The concept of solidarity, threatened under social and political changes that sweptCroatia during the 1990ies, is at the center of many of Iveković´s projects from the 1990ies. Nada Dimić File, for example, is a series of works that tackle social amnesia within broader social processes, primarily determined by the functioning of the economy and unsolvable contradictions of the new system. The works are dedicated to national heroine Nada Dimić, a real person killed in World War II for her anti-fascist activities, but also to the factory named after her, as well as to the problems of women who lost their jobs when the company went bankrupt in the late 1990ies. Similarly, the current work-in-progress Women’s House, which Sanja Iveković has been developing together with women who sought refuge in shelters for women victims of domestic violence in different cities of Europe and Asia since 1997, deals with the topic of violence against women, elevating nearly anonymous traumatic experience to a level of universal social relevance, locating at the center of solidarity the human capacity to experience pain.

The work Resnik (1994) deals with the problems of refugees. Resnik is the name of a town near Zagreb, which was a refugee camp during the war in ex-Yugoslavia and where 2.000 refugees, mostly Muslim, where sheltered. The installation consisting of a number of houseplants placed in a dark room in which the video projection provides the only source of light conceptually deals with the condition of everyday life experienced by refugees/plants.

Ana Dević & Nataša Ilić