MIHAEL MILUNOVIĆ

English version

 

   Mobile (War), 1999
 
Enthüllungen nach einer Spritztour

In unserer westlichen, europäisch-atlantischen Zivilisation des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts wird das Auto normalerweise als ein Symbol für Macht, Autonomie und ökonomischen Wohlstand angesehen, als ein Symbol für sozialen Status, Klassenzugehörigkeit und auffälligen Konsum, für Prestige, Stolz, Erfolg und einen abenteuerlichen Lebensstil, für Freiheit, Reife, Männlichkeit, grenzenlosen Optimismus und den Glauben an den technischen Fortschritt, für Mobilität, Unabhängigkeit und die Fähigkeit, sein Leben selbst zu bestimmen, sowie für die uneingeschränkte Selbstverwirklichung – indem es eine Fluchtmöglichkeit, Privatsphäre, Geschwindigkeit und Flexibilität bietet. Die triebhaften Untertöne dieser symbolischen Strömungen haben es zu einem außergewöhnlichen Objekt der Begierde der Massen gemacht, zu einem der ultimativen modernen Fetische. Szenen aus Cronenbergs Film „Crash“, in denen man ein über und über mit Sperma bedecktes Lenkrad, ein blutbeflecktes Armaturenbrett, mit Exkrementen beschmierte Sicherheitsgurte und mit Hirnmasse besudelte Sonnenblenden zu sehen bekommt, sind die ultimativen apokalyptischen Visionen von katastrophalen Spielarten der Erfüllung des Verlangens nach einem vollkommenen, extrem sexualisierten, körperlichen Besitzergreifen dieser Fetische.

Die Apokalypse findet hier und jetzt statt, und ihre Reiter machen eine Spritztour auf den Impulsen unseres Todestriebs, die in einem engen Zusammenhang stehen mit der Vergötterung von Autos. Milunović´s Projekt beschäftigt sich mit genau jenen Methoden, mit denen sich eine apokalyptische Fiktion im Rahmen einer Visualisierung von alltäglichen Orten materialisiert. Es transformiert sie vom Profanen ins Sakrale und macht die Objekte, die im Rahmen dieser Transformation verwendet werden, zu Machtinstrumenten, zu Vermittlern zwischen den beiden Sphären, zu Botschaftern einer fernen Zukunft. Milunović zeigt und dokumentiert den apokalyptischen Ritt, indem er die Symbolkraft von Formen und Farben von bestimmten Autos benutzt, die in die Kategorie von Fetischen passen, und diese noch verstärkt durch Textmarken (wie z.B. Tod, Habgier, Seuche, Pest...), die er zusätzlich auf die Nummernschilder gedruckt hat.

Stevan Vuković


Deutsch:

 

 

MIHAEL MILUNOVIĆ

 

Joy Ride Revelations

In our Western Euro-Atlantic civilization of the late twentieth and early twenty-first century, the car is usually seen as a symbol of power, autonomy and economic well-being, of social status, class-membership and conspicuous consumption, of prestige, pride, success and an adventurous lifestyle, of freedom, maturity, masculinity, self-contained optimism and belief in progressive technology, of mobility, independence, ability to be self-directed in life, and of the unhindered self, allowing for escape, privacy, speed and flexibility. The libidinal undercurrents of these symbolical streams have turned it into one of the sublime objects of mass desires, one of the ultimate modern fetishes. Scenes in Cronenbergs "Crash", showing sperm all over the steering wheel, blood-soaked instrument panels, seatbelts smeared with excrement, and sun visors lined with brain tissue, are the ultimate apocalyptic visions of catastrophic modes of fulfillment of the desire for full, highly sexualized, bodily possession of those fetishes.

The apocalypse is here and now, and its riders are taking a joy ride on our death drive impulses related to the worship of cars. Milunović ’s project deals precisely with the ways an apocalyptic fiction gets materialized in the frame of a visual representation of everyday sites. It transforms them from profane to sacral, and turns the objects used in the course of transformation into power objects, mediators between the two realms, messengers of the future to come. Milunović reveals and documents the apocalyptic ride, using the symbolic power of shapes and colors of some cars fitting into the category of fetish objects, stressing it with textual signifiers (such as: death, greed, plague, pest…) additionally printed on the license plates.


Stevan Vuković