ŞENER ÖZMEN / ERKAN ÖZGEN

English version

 

   Road To Tate Modern, 2003 (Still)
 
In seinen Videos versucht Erkan Özgen, sich den traumatischen Erfahrungen und psychischen Störungen, unter denen die kurdische Bevölkerung in Südostanatolien in Folge des brutalen Bürgerkriegs der letzten beiden Jahrzehnte leidet, mit dokumentarischen Mitteln zu nähern. Sener Özmen hingegen verwendet in seinen Projekten „plastische Erzählungen“, die spielerisch seinen doppelten peripheren Status als Künstler aus Diyarbakır umgehen, um ihn als Gleichgestellten in imaginären Kontakt erstens mit der privilegierteren Kunstszene in Istanbul und zweitens mit der Oberliga der globalen Kunst zu bringen. In diesem Sinne kann The Road to Tate Modern als die letzte Sequenz von Özmens Buchprojekten The Story of Tracey Emin und Manifesta Murders betrachtet werden. In dem Video sieht man zwei Männer, die durch die karge Landschaft Südostanatoliens reisen. Einer von ihnen reitet auf einem Pferd und hält einen langen Stab in der Hand; der zweite folgt ihm auf einem Esel. Die Figuren verweisen eindeutig auf eines der berühmtesten Paare der Literaturgeschichte: Don Quijote de la Mancha und dessen Diener Sancho Pansa. Kurze Ausschnitte ihrer Reise verweisen auf die Qualen, welche die beiden Figuren erleiden, auf ihr Gefühl der Verlorenheit. An einer Wegkreuzung wissen sie nicht, welche Richtung einzuschlagen ist, und fragen einen Passanten, wie sie ihr Ziel, nämlich den Tempel der zeitgenössischen Kunst in Europa, das Tate Modern, erreichen können. Das Video funktioniert einerseits als eindringlicher Vorwurf angesichts der Unmöglichkeit, die hierarchischen Machtverhältnisse zwischen den zentralen und peripheren Geographien und Kulturen abzuschütteln, und andererseits als Selbstironie, in der die Künstler die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen und die übermäßige Ernsthaftigkeit und Rigidität im modernistischen Diskurs aufzeigen, der die zu einem sich stets entziehenden Modell vorstoßende Peripherie dominiert. Dies wird vor allem durch die bürokratische Kleidung der beiden Figuren zum Ausdruck gebracht.


Deutsch: Birgit Herbst

 

 

ŞENER ÖZMEN / ERKAN ÖZGEN

 

In his videos, Erkan Özgen pursues a documentary approach to the traumatic experiences and mental disturbances among the Kurdish population in South East Anatolia, as bitter consequences of the brutal civil war in the region during the last two decades. Şener Özmen’s projects, on the other hand, employ “plastic narrations” which playfully circumvent his doubly peripheral status as an artist from Diyarbakır, putting him into a phantasmal contact and levelling with the more privileged art scene in Istanbul, and secondly, with the premier league of global art. The recent collaboration of these two artists The Road to Tate Modern may, in this sense, be seen as the last sequence of Özmen’s book projects The Story of Tracey Emin and Manifesta Murders. In the video we see two men travelling in the barren landscape of South East Anatolia. One of them rides a horse, holding a long stick in his hand, while the second follows him on a donkey. The figures unmistakably refer to one of the most famous protagonist couple in the history of literature: Don Quixote de la Mancha and his servant Sancho Pansa. Short glimpses of their journey hint at the torment the two figures suffer, and their sense of being lost. On a crossroad they hesitate which route to choose and ask a passer-by how to get to their destination, which is the temple of contemporary art in Europe, the Tate Modern. The video operates, on one hand, as a passionate complaint about the impossibilities of shaking off the hierarchical power relations between the central and peripheral geographies and cultures, and on the other hand, as a self-mockery in which the artists display the futility of their endeavours and the excessive seriousness and the rigidity that accompanies the modernist discourse dominating the periphery on its progress towards an ever-escaping model - as exemplified by the bureaucratic outfit of the two figures.

Erden Kosova