NEDKO SOLAKOV

English version

 

   A High Level Show with a Catalogue, 2003
 
Nedko Solakov ist allgemein für seine geistreichen Installationen/Erzählungen bekannt, die voller meisterhaft ausgeführter Details stecken. Diese beziehen Malerei und Zeichnung, Objekte, Texte und Multimedia ein. Die Installationen bestehen aus Raumanordnungen und wagen sich seit kurzem auch in den öffentlichen Raum vor. Solakovs Geschichten enthalten häufig leicht zu identifizierende Gemeinplätze oder Binsenwahrheiten als Ausgangspunkt, folgen jedoch ihrer eigenen, klaren Erzählweise. Gemeinplätze über den Glauben, die Vollständigkeit des Kunstwerks, die Funktion der Kunst, den Platz des Künstlers in der heutigen Welt und die meist damit verbundenen großen Erwartungen sind miteinander verknüpft; sie transformieren und durchdringen die Arbeiten von innen und addieren sich zu ironischen und selbstironischen Botschaften. Dass die Betrachter diese Gemeinplätze entdecken und erkennen, schafft eine spezifische und intime Beziehung zwischen dem Künstler und seinem Publikum. Aufgrund des gemeinsamen Verständnisses werden sie schnell zu Freunden.

Die Beziehung zum Betrachter und die gemeinsamen Erwartungen, die den Ausstellungsraum durchdringen, sind zu einem wichtigen narrativen Trend in Solakovs neuesten Installationen geworden. Die Besucher seines „A (not so) White Cube“ (2001) im P.S. 1 in New York, von „Chat“ (2001) in der Galerie IASPIS in Stockholm oder von „(about) Fourteen“ (2002), einer Installation, die sich diskret über das gesamte Museum für Moderne Kunst in Frankfurt ausbreitete, schauten durch Fensterscheiben und reckten die Hälse, kletterten unter einer Treppe durch, kauerten an der Wand oder lagen fast auf dem Boden, um Texte lesen oder die winzigen Zeichnungen sehen zu können. In „A High Level Show with a Catalogue“ (2002) in CCA, Kitakyushu, Japan, musste das Publikum zuerst einen eigens produzierten Katalog mit Großaufnahmen der Texte konsultieren, um die kleinen Geschichten auf dem Boden oder in 4,5 Meter Höhe erkennen zu können. Der Betrachter komplettiert die Gesamtheit der Arbeit, indem er zu einem echten Beteiligten wird – entweder freiwillig, oder weil er dazu „gezwungen“ wird. Schwer zu sagen, ob eine solche Lenkung/Motivierung/Manipulation des Verhaltens des Betrachters bzw. der sogar auf ihn ausgeübte Zwang den Allgemeinplatz über die traditionellen, von gegenseitigem Respekt geprägten Erwartungen von Künstler und Betrachter nun bestätigt oder widerlegt. In den Arbeiten aus dem Zyklus Insolent Art geht es jedoch genau darum. Die erste dieser Arbeiten wurde im Jahr 2000 in der Galerie Regina in Moskau verwirklicht, wo auf einer von einem einzelnen Spot beleuchteten Wand folgender Text zu lesen war: “Du, der Betrachter, bist Teil eines Publikums, das (besonders am Silvesterabend) nicht so wichtig für meine Karriere ist; deshalb ist es für mich nicht angebracht, hier etwas Substantielleres auszustellen.“ Die zweite Arbeit wird in Kassel im Rahmen der Ausstellung „In den Schluchten des Balkan“ gezeigt. Sie hinterfragt die touristische Natur dieser Beziehungen und besteht gleichzeitig darauf, dass diese immer wieder neu bewertet werden müssen.

Iara Boubnova


Deutsch: Birgit Herbst

 

 

NEDKO SOLAKOV

 

Nedko Solakov is widely known for his witty installations/narratives, full of masterfully executed details. These involve the media of painting and drawing, the object, the text, multimedia. They rely on spatial arrangements and have lately ventured for realization in public spaces. His stories often incorporate, and are motivated by, easily identifiable truisms, while following their own clear narrative. In Solakov´s works truisms about faith, the entirety of the artwork, the function of art, the place of the artist in today´s world and the great expectations defining it, are intertwined, transforming and invading the works from within while constructing ironical and self-ironical messages. The discovery and the recognition of such truisms by the viewer construct quite specific and intimate relationships between the artist and his audience. Shared understanding turns them into fast friends.

It is the relation to the viewer and the mutual expectations saturating the exhibition space which have most recently attracted Solakov, both emerging as important narrative trends in his installations. The visitors in his “A (not so) White Cube” (2001) in P.S.1 in New York, or “Chat” (2001) in IASPIS Gallery in Stockholm, or “(аbout) Fourteen” (2002) discreetly spread all over the Museum für Moderne Kunst in Frankfurt, peer into window panes and stretch their necks, they crawl under a staircase and crouch by the wall, almost lying down on the floor in order to read the texts or to see the miniature drawings. In “A High Level Show with a Catalogue” (2002) in CCA, Kitakyushu, Japan the public is first sent on a search in a specially produced catalogue featuring close-ups of the texts in order to better recognize the small stories on the floor or at 4,5 m height. The viewer complements and completes the work buy becoming a real participant, either by his/her own wish or by “force”. I am not sure whether such a directing/motivation/manipulation and even coersion of the viewer re-confirms or refutes the truism about the traditional mutually respectful expectations of artist and viewer. However, the works from the cycle Insolent Art are engaged with precisely that. The first one was realized in 2000 in Regina Gallery, Moscow where on a large wall lighted by a single spot light there was the following text: “You, viewer, are part of an audience, which (especially on New Year’s Eve) is not so important to my career, therefore, it is not appropriate for me to exhibit something more substantial here.” The second one is to be shown in Kassel within the show “In den Schluchten des Balkan”. It questions the touristic nature of these relations while insisting that they should be reevaluated over and over again.

Iara Boubnova