Jour Fixe Termine























Ştefan Constantinescu, Ophelia's death, 2006
Still, Courtesy: Bogdan Marcu, Andreea Carnu.













Pablo Pijnappel, Felicitas, 2005
Courtesy carlier | gebauer












Victor Alimpiev, Wie heißt dieser Platz?, 2006
still, Courtesy OK Centrum Linz
Foto: Otto Saxinger













Victor Ling, Oslo by Night - the Stars, 2006
Still











Mario Rizzi, Murat ve Ismail, 2005
Still




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Nevin Aladag, Voice Over, 2006





indirect speech

Nevin Aladag | Victor Alimpiev | Ştefan Constantinescu | Ciprian Mureşan | Ioana Nemeş | Ovekk_Finn | Pablo Pijnappel


2. September – 29. Oktober 2006


Die Gefühle, die ein Kunstwerk beim Betrachter auslösen, können den von einer Stimme hervorgerufenen Emotionen ähneln. Ein Kunstwerk kann provozieren, unterhalten, mit Abscheu erfüllen, in Staunen versetzen. indirect speech beschäftigt sich mit den Fragen: Wiederholt das Kunstwerk das, was die Welt der Realität zu sagen hat? Reaktualisiert oder imitiert eine Übertragung in die Welt der Kunst kollektive oder individuelle Auffassungen oder verzerrt sie solche Auffassungen unter dem Druck von spezifischen zeitgenössischen Strategien?


indirect speech untersucht die performative Position des Kunstwerks als indirekter Sprechakt, der dem Künstler die Möglichkeit verschafft, persönliche oder allgemeine Erfahrungen zu verhandeln, zu übersetzen und neu zu verorten. Die ausgestellten Kunstwerke sind für einen permanenten Standort ungeeignet. Sie setzen sich kritisch mit den Folgen der Übersetzbarkeit von gewissen Themen in die Kunst auseinander: der Fragmentierung von Identität, Migration, der Umschreibung von Geschichte, der Dekonstruktion von Erinnerung, der Spannung zwischen privaten und öffentlichen Diskursen.


Die Werke erforschen die Wirkung des künstlerischen Verbrauchs der Wirklichkeit durch künstlerische Tätigkeit, die Literalisierung der Beziehung zwischen der Kunst und dem Leben, die Fähigkeit des Künstlers, die Mechanismen der künstlerischen Praxis durch Selbst-Reflexion umzustrukturieren. Also befasst sich indirect speech mit der Unsicherheit in der Kunst und durchleuchtet Verständnis und Missverständnis in der Kunst, wie wir den unmöglichen Bruch zwischen dem, “was gesagt wird” und dem, “was präsentiert wird”, ausdrücken.


Nevin Aladag, geboren 1972 in der Türkei, lebt und arbeitet in Berlin. Ausgewählte Einzelausstellungen: Gemeinschaft des Augenblicks, Hebbel am Ufer, Berlin, 2006; Freeze- spin, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, 2003. Ausgewählte Gruppenausstellungen: Check in-Europe, Europäisches Patentamt München, 2006; Coolhunters, ZKM, Karlsruhe, 2005; Love it or leave it, 5. Cetinje Biennale (Montenegro), 2004; Proje4L, Museum für zeitgenössische Kunst, Istanbul, 2003.


„In der Folge des viel beachteten Videos Familie Tezcan (2001) und der Fotoserien Freeze (2003) und Jump (2004) richtet Nevin Aladag ihren Blick erneut auf türkischstämmige Jugendliche in Deutschland, an deren Beispiel sie die teils verschlungenen Wege heutiger Akkulturationsprozesse nachzeichnet. Waren es in den zuvor genannten Arbeiten die neo-universellen Sprachen des Breakdance und des Hip-Hop, die Aladags Protagonisten eine Art neutrale Spielfläche boten, Ausgangspunkt einer neu zu definierenden Identität, so dreht Voice Over (2006) den Spieß scheinbar um.“ (Boris Kremer)


Victor Alimpiev, geboren 1973 in Rußland, lebt und arbeitet in Moskau. Ausgewählte Einzelausstellungen: Wetterleuchten, Badischer Kunstverein, Karlsruhe, 2006; OK Centrum für Gegenwartskunst, Linz, 2006. Ausgewählte Gruppenausstellungen: 5. Berlin Biennale, 2006; Venedig Biennale (zusammen mit Marian Zhunin) 2005; Manifesta 5, Donostia-San Sebastian, 2005; The Seven Sins, Moderna Galerija, Ljubljana, 2005; Body Display, Secession, Wien, 2003.


Die präzisen Szenarien von Victor Alimpiev sind auf verblüffende Art und Weise von der Notwendigkeit einer Rückkehr zum Subjekt geprägt. Die Videoinstallation Wie heißt dieser Platz? (2006) setzt sich mit der Deutung von verbalen Zeichen und Körpersprache auseinander und mit ihrer Fähigkeit, dem Betrachter die in der Beziehung zwischen Individuum und Gruppe herrschende Spannung zu vermitteln.


Ştefan Constantinescu, geboren 1968 in Rumänien, lebt und arbeitet in Stockholm. Ausgewählte Einzelausstellungen: Dacia 1300, my generation, Malmö Konstmuseum, 2004. Ausgewählte Gruppenausstellungen: Bukarest Biennale, 2006; ON DIFFERENCE #2, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 2006; Minnesbilder, Skulpturens Hus, Stockholm, 2005; Blick 2004, Kunstverein München, 2004; Narration in Swedish Contemporary Art, Norrköpings Konstmuseum (SE), 2003.


Auf den ersten Blick scheint Der Tod Ophelias (2006) atypisch für die Kunst von Ştefan Constantinescu. Das Werk behandelt die Metapher vom Tod und die dezentrierten, allegorischen, zuweilen schizophrenen Arten und Weisen, wie darüber gesprochen wird. Von der Rätselhaftigkeit und Zweideutigkeit sowie der Ästhetik des prä-raffaelitischen Gemäldes von Sir John Everett Millais besessen, versetzt sich der Künstler auf seine ganz persönliche Weise in die Atmosphäre des zitierten Werkes.


Ciprian Mureşan, geboren 1977 in Rumänien, lebt und arbeitet in Cluj (RO). Er ist Mitherausgeber des Kunstmagazins VERSION und seit 2005 Herausgeber des Kunstmagazins IDEA (art + society), Cluj. Ausgewählte Einzelausstellungen: Choose, plan b gallery, Cluj, 2006. Ausgewählte Gruppenausstellungen: Periferic 7 Biennale, Iasi (RO), 2006; Motion Parade, Fotogalerie Wien, 2005; ON DIFFERENCE #1, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 2005; Formate/Moving Patterns, Kunsthalle Wien, 2004.


Die Werke Ciprian Mureşans überarbeiten die Archivalien der Kultur. Seine diskursiven Projekte entwickeln neue Methoden zur Vermittlung von Subjektivität, reagieren auf die sozialen Fragen und den Fetischismus des heutigen Lebens. Das Schloss (2006) ist eine Mixed-Media-Installation auf der Basis des Kafka-Romans. Der Versuch des Künslers, den Roman zu Ende zu führen, befasst sich mit dem Gefühl der Unsicherheit in der Kunst.


Ioana Nemeş geboren 1979 in Rumänien, lebt und arbeitet in Bukarest. Ausgewählte Einzelausstellungen: Temporary Studio: Monthly Evaluations, Orizont gallery, Bukarest, 2006; Monthly Evaluations / Me (October 2004), Dolores/Ellen de Bruijne Projects, Amsterdam, 2004. Ausgewählte Gruppenausstellungen: Periferic 7 Biennale, Iasi (RO), 2006; Fama Fluxus Mythos Beuys, Kunst+Projekte Sindelfingen, 2006; Hidden Rhythms, Kunstenaarsinitiatief Paraplufabriek, Nijmegen (NL), 2005; ON DIFFERENCE #1, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 2005, Green Box, Trafo Gallery, Budapest, 2004.


Im Alltag sind kognitive Behauptungen, moralische Erwartungen und subjektive Wünsche miteinander verbunden. Der Ausgangspunkt für das künstlerische Schaffen von Ioana Nemeş ist die beharrliche, uneingeschränkte Selbsteinschätzung durch die Rationalisierung ihrer alltäglichen Aktivitäten, Gefühle, Träume, Misserfolge. An der verfänglichen Grenze zwischen der Kunst und dem Leben durchleuchtet das aktuelle Projekt Monatliche Evaluationen die fünf intimen Variablen des Künstlerwesens – körperliche Energie, emotionale Energie, Geist, Einkommen und Glück. Durch den Versuch der Künstlerin mittels ständiger Selbst-Evaluation die Kluft zwischen Fiktion und Wirklichkeit, zwischen Inszenierung und spontaner Reaktion abzuwägen, gewinnt der Betrachter Einblick in den künstlerischen Prozess.


Ovekk_Finn wurde 2004 in Budapest von Peter Szabo und Csaba Csiki gegründet, geboren 1978 / 1977 in Rumänien, leben und arbeiten in Budapest. Ausgewählte Klang-Projekte: Alapfok, Artpool, Budapest, 2006; BildMusic, M12, Berlin, 2006; Gigazone, Millenáris, Budapest, 2005; AV 02 Motional, Cluj (RO), 2005; Soundworks (zusammen mit Susan Taylor) Barcsay Room, Budapest, 2004.


„Die von Ovekk_Finn geschaffenen Klangerlebnisse basieren konsequent auf experimentellen und nicht eingeordneten Geräuschen. Ovekk_Finn verbindet Low- mit High-Tech in einer natürlichen Entwicklung von freier Jamsession zum maßgeschneiderten, Pedal-betriebenen, rechnerunterstützten System. Im Laufe der Zeit hat sich Ovekk_Finn mit stärker kontrollierten elektro-akustischen Klanglandschaften beschäftigt, mit der Schaffung eines Dauerteppichs aus reduktiven Glitches, Knacktönen und oszillierendem Piepsen. Darüberhinaus bekundet die eigene Realisierung von verschiedenen musikalischen Ereignissen ein unbeirrbares Festhalten an der Erforschung von Klang in neuen Systemen.“ (Ştefan Tiron)


Der brasilianisch/holländische Künstler Pablo Pijnappel ist 1979 in Paris geboren, lebt und arbeitet in Amsterdam und Berlin. Ausgewählte Einzelausstellungen: Felicitas, carlier | gebauer Projektraum, Berlin, 2006; Felicitas, SMBA, Amsterdam, 2005. Ausgewählte Gruppenausstellungen: Present Tense, Fons Welters Gallery, Amsterdam, 2004; Parasite Paradise, Utrecht, 2003. Screenings: Mon image et moi, Paris, 2006; International Short Film Festival, Rio de Janeiro, 2004; Rotterdam Film Festival, 2003.


Dem Anschein nach gehören die Werke von Pablo Pijnappel einer fiktiven Welt an, in welcher fiktive Charaktere auf der Suche nach ihren Träumen sind, wo die Experimente des Lebens sich in präzise filmische Einzelbilder auflösen. Der Ausgangspunkt für seine filmischen Interventionen sind die subjektiven Erlebnisse von Familienmitgliedern oder von Menschen aus ihrer näheren Umgebung; sie entwickeln sich zu unerwarteten Erzählungen, die sich vor allem mit dem Wunsch, eine persönliche Identität zu bestätigen oder verloren gegangene Erinnerungen wiederzugewinnen, zu beschäftigen scheinen. Felicitas (2005) erzählt innerhalb eines neuen Rahmens die Geschichte von Felicitas Baer, Tochter eines deutschen Industriellen, die zu Berühmtheit gelangte als eine Tänzerin und als Direktorin einer brasilianischen Tanzkompanie. Auf besondere Art und Weise verkörpert die Präsentation des Werks eine Vorstellung von Raum und vermittelt dem Betrachter den Eindruck einer allegorischen Folge von wirklichen Bildern.



Begleitend zur Ausstellung indirect speech wird am 2. September zur Kasseler Museumsnacht in Renés Nebenschauplatz die Arbeit Oslo by Night- the Stars des norwegischen Künstlers Victor Lind gezeigt. Das Video ruft einen dunklen, fast vergessenen Teil der norwegischen Geschichte in Erinnerung und macht gleichzeitig auch das Schicksal Victor Linds deutlich: Im Jahr 1942 wurden 532 norwegische Juden mit Hilfe der Polizei aus ihren Wohnungen und Häusern abgeholt und nach Auschwitz deportiert. Nur 11 kamen nach dem Krieg nach Norwegen zurück. Victor Lind versteckte sich zu dieser Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in einem Bauernhaus in der Nähe von Oslo. Die Videoarbeit Oslo by Night: the Stars zeigt den Stadtplan von Oslo. Mit Sternen sind darauf die Orte markiert, an denen Juden lebten, bevor sie 1942 deportiert wurden. In einer zweiten Einstellung verschwindet der Stadtplan von Oslo und zurück bleibt – auf dunkel blauem Hintergrund – das Raster der Sterne, das einen nächtlichen Sternenhimmel ergibt.


Ab dem 3. September kann man an dieser Stelle den ca. 80-minütigen Dokumentarfilm Murat ve Ismail des italienischen Künstlers Mario Rizzi sehen. Der Film begleitet zwei Schuhmacher – Vater Ismail und seinen Sohn Murat – bei ihrer Arbeit im Stadtteil Beyoglu in Istanbul. Ihre Gespräche machen die unterschiedlichen Generationen mit ihren jeweiligen Wertvorstellungen deutlich aber zeigen auch die tiefe Bindung von Vater und Sohn sowie ihre Loyalität gegenüber der Familie. Beide können als Mikrokosmos für die generelle Situation der Stadt Istanbul gesehen werden – eine Stadt, die großen ökonomischen als auch gesellschaftlichen Veränderungen unterliegt. Der Film ist eine sehr private, fast intime, Dokumentation des Lebens von Vater und Sohn – mit all den Hoffnungen und Ängsten – wodurch die Grenze zwischen Realität und Fiktion fast zu verschwinden scheint.











Die Ausstellung wird gefördert von:
















Ministry of Culture and Cults, Romania